Die nachhaltige Entwicklung von Breiten- und Leistungssport in der Landeshauptstadt Potsdam ist das wichtigstes Anliegen des Stadtsportbundes Potsdam e.V.
Der organisierte Sport verzeichnet seit Jahren einen Mitgliederzuwachs. Seit der letzten Oberbürgermeisterwahl erhöhte sich die Zahl der in Sportvereinen organisierten Potsdamerinnen und Potsdamer von 24.312 im Jahr 2013 auf 31.960 im Jahr 2018. Die Mitglieder des Stadtsportbundes als der zahlenmäßig stärksten gesellschaftlichen Organisation in Potsdam werden sich bei ihrer Wahlentscheidung auch daran orientieren, wie die einzelnen Kandidaten sich zum Sport in Potsdam positionieren.
Setzen Sie sich für die kostenfreie Nutzung der Sportanlagen durch gemeinnützige Sportvereine zu den bisherigen Konditionen ein?
Die Frage kann ich mit einem ganz klaren JA beantworten. Da für habe ich mich fast 20 Jahre lang als Stadtverordneter stark gemacht und ich werde mich auch in Zukunft mit aller Kraft für die kostenfreie Nutzung der Sportanlagen durch gemeinnützige Sportvereine einsetzen.
Dabei spielen auch meine persönlichen Erfahrungen eine Rolle. Meine Familie ist fest mit im Potsdamer Vereinssport verbunden. Durch mein Vater, der früher als Trainer im Luftschiffhafen gearbeitet hat und danach lange Jahre Verbandfunktionär war, habe ich von früher Kindheit an immer Kontakt mit der Potsdamer Sportfamilie gehabt. Meine Frau und ich sind selbst Mitglieder im OSC Potsdam und ich war zeitweise Präsident eines Potsdamer Sportvereins. Unsere Kinder haben sich der Leichtathletik im SC Potsdam und den Fußballern bei Grün-Weiß Golm angeschlossen. Mir ist klar das Sport das Wir- Gefühl in einer Stadt stärkt. Gemeinsames Erleben, Zuschauen und Begeistern sowie gemeinsame Vorbilder und Identifikation verbinden.
Der (Vereins-)Sport in Potsdam, und hier schließe ich den Sport vom Breiten-
bis zum Leistungssport, vom Kinder- und Jugendsport, über Angebote für Menschen mit einem Handicap bis hin zu unseren Seniorinnen und Senioren
ein, braucht ein politisches Bekenntnis und eine anerkannte Bereitschaft zu
seiner Förderung.
Dazu gehört auch weiterhin die kostenlose Nutzung von Sportanlagen für unsere Vereine. Es geht dabei nicht geht es nicht um eine Privilegierung, sondern um die Förderung der Sportvereine, die mit ihrer Arbeit eine herausragende gesundheits- und gesellschaftspolitische Funktion erfüllen und sich damit von der individuellen oder kommerziellen Nutzung von
Sportanlagen unterscheiden.
Der organisierte Sport leistet einen erheblichen Anteil an der Jugendarbeit und trägt zur Gesunderhaltung aller Bürger bei. Kinder und Jugendliche erwerben im Verein soziale Kompetenzen wie Teamgeist, den Umgang mit Regeln und mit den Konsequenzen aus Regelverstößen. Aber auch für die wachsende Gruppe der Senioren ist der Sportverein weit mehr als Gesundheitsprävention – sie pflegen hier Kontakte zu Gleichaltrigen und
-gesinnten. So ist der Sport generationsübergreifend ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität in Potsdam. Seit einigen Jahren ist der Sport auch ein Motor für Integration. Viele Projekte der Sportvereine sorgen dafür, dass Flüchtlinge und Migranten sich in der Landeshauptstadt wohlfühlen und wie selbstverständlich zu einem Teil unserer Gesellschaft werden.
Wie stellen Sie sich die Sportförderung konkret vor? Unterstützen Sie die in den vergangenen Jahren praktizierte Förderung von 10 € je SSB-Mitglied im Jahr zuzüglich 200.000 € Sportstadtmittel und 100.000 € für Integrationsprojekte im Sport?
Die von Ihnen benannte und praktizierte Förderung hat sich bewährt.
Ziel der Sportförderung muss vor allem ein am Interesse und Bedarf der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtetes, für alle zugängliches und allen Alters-
und Zielgruppen umfassendes Sportartenangebot in Potsdam sein.
Veränderungen, die dem demographischen Wandel und dem Wachstum in unserer Stadt geschuldet sind, müssen dabei stets angemessen berücksichtigt werden. Dabei müssen wir uns auch zeitgemäß neuen Sportarten öffnen, ohne diese zulasten bereits bestehender und bewährter Sportangebote zu entwickeln. Die Diskussion über die zukünftige
Förderung und unsere gemeinsamen Vorstellungen sollen in einem überarbeiteten Sportentwicklungsplan zwischen Vereinen, dem SSB und
der Stadt diskutiert werden und einen konkreten Umsetzungskatalog enthalten. Das macht Diskussionen über Förderung auch nachvollziehbarer für alle.
Breitensport und Leistungssport sind unmittelbar miteinander verbunden. Nur aus einem starken und breit gefächerten Nachwuchssport können sich Sportler entwickeln, die unsere Stadt auf internationalen Wettkämpfen repräsentieren. Andererseits sind die Leistungssportler Vorbilder für jungen Menschen und sind Werbeträger für ihre Sportart. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Bemühungen einzelner Personen und Fraktionen, Breiten– und Leistungssport gegeneinander auszuspielen.
Welchen gesellschaftlichen Stellenwert nehmen für Sie Breitensport bzw. Leistungssport ein? Wie wollen Sie den jeweiligen Sport unterstützen und fördern?
Wer versucht, Breitensport gegen Leistungssport oder umgekehrt auszuspielen, hat das System nicht verstanden. Es wird keine Leistung in der Spitze ohne eine breite sportliche Basis geben. Und es wird ohne leistungssportliche Vorbilder gerade im Bereich Kinder- und Jugendsport
geringere Anreize geben, sich einem Verein anzuschließen.
Für mich stellt sich eher die Frage, wie wir uns als Stadt bei den knappen Ressourcen bei der Thematik Förderung von Vereinssport im Vergleich zum ungebundenen Sport stellen. Sportvereine leben vom ehrenamtlichen Engagement und den Prinzipien der Solidarität und Subsidiarität. Sie bieten
vielfältige Möglichkeiten des Sporttreibens und des gesellschaftlichen
Miteinanders. Lebensalter und Stellung in der Gesellschaft sind hier vor dem gemeinsamen Interesse unbedeutend. Deswegen ist es legitim, der Förderung des Vereinssports eine höhere Bedeutung als der allgemeinen Sportförderung zuteil werden zu lassen.
Breitensport
Bei der Unterstützung des Breitensports kommt es neben der bereits
beantworteten Frage der Nutzungsmöglichkeit von Sportflächen und der Förderung von ehren- und hauptamtlichen Strukturen auf die Bereitstellung von Sportflächen in alle Stadtteilen an. Hierzu werde ich noch im nächsten Fragenkomplex Stellung nehmen.
Sportstadt Potsdam–Sport in allen Stadtteilen
Die Sportentwicklungsplanung soll deshalb in Zukunft stärker an den städtischen Sozialräumen
und
Stadtteilen ausgerichtet werden. Dies gilt für die Entwicklung von Sportstätten und bei der Unterstützung für den Vereinssport sowie den vereinsungebundenen Sport. Bei der Planung und Entstehung neuer
Quartiere, müssen die Schaffung und Ansiedlung von Sportflächen
und Sportvereinen daher zukünftig beachtet werden. Die gewünschte sportkonzeptionelle Ausrichtung (z.B. Sportarten) können dann mit dem Stadtsportbund gemeinsam entwickelt werden.Mit diesem Ansatz
wird es den Kindern ermöglicht, sich unabhängig von den Arbeitszeiten und finanziellen Möglichkeiten der Eltern sportlich zu betätigen. Zudem wird die lokale (Stadtteil-)Identität in der wachsenden Stadt geschaffen.
Leistungssport
Bei der Unterstützung des Leistungssports bin ich dafür, dass es eine ehrliche Diskussion zu den realen Fördermöglichkeiten zwischen Vertreterinnen und Vertretern des organisierten Sports sowie der Stadt gibt.
Eine offene Diskussion zwischen den Akteuren des Spitzensports der Stadt und der Politik ist in den letzten Jahren zu kurz gekommen, aber dringend erforderlich, denn nur gemeinsam können Probleme gelöst werden.
Mein Ansatz ist es daher gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dazu werde ich nach meiner Wahl Gespräche initiieren. Dabei stehen für mich folgende Schwerpunkte im Mittelpunkt:
Sportstadt Potsdam–Image-und Marketingfaktor
Es muss auch weiter hin unser Anspruch sein, dass der Name unserer Stadt bei nationalen Vergleichen, Olympischen Spielen sowie Welt- und Europameisterschaften in einem Atemzug mit Spitzenathletinnen und –athleten genannt wird.
Die Stadt Potsdam muss sich auch zukünftig im Rahmen Ihrer finanziellen Möglichkeiten bei der Bereitstellung von Sportflächen für den leistungsorientierten Wettkampfsport, Nachwuchsleistungssport und den Spitzensport sowie an deren Finanzierung beteiligen.
Aber klar ist, dass eine Spitzensportförderung nur mit den für Landes- und Bundestützpunkt zuständigen Ministerien realisierbar ist.
Wir brauchen zeitnah eine Diskussion über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Potsdam bieten kann. Ohne eine Konzentration auf Schwerpunktsportarten bei der Förderung von Talenten, wird es nicht gehen.
Gemeinsam mit dem Stadt- und Landessportbund, dem Olympiastützpunkt, Vertretern der Sportvereine, der Stadt und ihren städtischen Unternehmen müssen wir eine transparente Diskussion führen. Ziel muss ein von Sport, Stadt und städtischen Unternehmen gemeinsam akzeptiertes Modell sein,
- das die finanziellen Möglichkeiten der Stadt für die freiwillige Aufgabe der
Spitzensportförderung zu Grunde legt, - neben dem Stützpunktsystem in Deutschland auch Tradition, Identifikation
und Imagefaktor bestimmter Sportarten für Potsdam berücksichtigt, - die mehrjährige Planungssicherheit und Überprüfung in regelmäßigen Zyklen ermöglicht.
Neben der generationsübergreifenden Förderung des Breiten-, Wettkampf-
und Leistungssportstragen gerade sportliche Events dazu bei, den Ruf von Potsdam als Sportstadt zu stärken. Deshalb ist es auch hier wichtig, dass die Stadt gemeinsam mit den städtischen Unternehmen und den Sportvereinen
sowie mit dem SSB eine Strategie festlegt. Dabei braucht es eine ausgewogene Mischung von Wettkämpfen und Spitzensportevents sowie
Veranstaltungen an denen sich die Potsdamerinnen und Potsdamer aktiv beteiligen können und darüber hinaus Sportveranstaltungen mit Unterhaltungscharakter.
Sportliche Veranstaltungen für die breite Bevölkerung haben Potenziale, sich zu einem eigenen Wirtschafts- und Marketingfaktor zu etablieren.
Das zeigt zum Beispiel der Schlösserlauf. Besucher und Teilnehmer von Großveranstaltungen mit Mitmach-Charakter bringen zusätzliche Kaufkraft für mehrere Tage in die Stadt. Unter Einbeziehung von Stadtmarketing und -Tourismus müssen Sportveranstaltungen so beworben werden, wie dies im Bereich der Kultur heute schon in Teilen funktioniert. Ziel muss ein von Sport, Stadt und städtischen Unternehmen gemeinsam definierter mehrjähriger Sportkalender sein, der:
- den veranstaltenden Vereinen Planungssicherheit gibt,
- die finanziellen Beteiligungsmöglichkeiten der Stadt und deren gerechte Aufteilung unter der besonderen Berücksichtigung des Bedarfes anderer Bereiche wie Kultur, Jugend und Sozialveranstaltungen festlegt
- Tradition, Identifikation und Imagefaktor bestimmter Veranstaltungen berücksichtigt
- die mehrjährige Planung und objektive und transparente Überprüfung der Förderung in regelmäßigen Zyklen ermöglicht.
Was werden Sie zur Stärkung und Förderung des Ehrenamtes tun? In welchem Umfang sehen sie die Schaffung hauptamtlicher Stellen zur Unterstützung des Ehrenamtes und für die Verstetigung der sozialen Jugendarbeit im Sport vor?
Gerade die Verbindung von sozialer Jugendarbeit und Vereinssport hat sich in Potsdam bewährt und sollte ausgebaut werden. In diesem Bereich sehe ich eine Möglichkeit zur Verstetigung. Noch ziemlich am Anfang stehen wir in Potsdam mit der Diskussion über die Schaffung hauptamtlicher Strukturen bei der Arbeit mit Seniorinnen und Senioren in den Sportvereinen. Gerade bei der Anleitung und Betreuung, dieser auch in unserer Stadt im größerer werdenden Bevölkerungsgruppe, müssen Stadt und Vereinssport Wege finden. Da hier die Betätigung häufig in den Vormittagsstunden liegt, ist eine rein ehrenamtliche Arbeit schwierig.
Gleiches gilt bei Mitwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der Inklusionsarbeit. Auch hier geht es nicht ohne hauptamtliche Strukturen.
Ich will mit dem Vereinssport gemeinsam Modelle für hauptamtliche Stellen entwickeln, die wie bei der Vereinsarbeit mit Kindern und Jugendlichen soziale Aspekte mit der hauptamtlichen Arbeit im Sportverein verbinden. Wenn wir solche an den speziellen Bedürfnissen von großen Bevölkerungsgruppen ausgerichtete hauptamtliche Strukturen schaffen, hilft dies auch der Arbeit in den Vereinen im Allgemeinen.
Das Hauptamt kann und wird aber das Ehrenamt nie im Ansatz ersetzen können. Die Arbeit die Übungsleiterinnen und Übungsleiter täglich leisten, muss deshalb eine noch stärkere gesellschaftliche Anerkennung finden. Dafür sind Veranstaltungen wie der Stadtsportball eine Form der Würdigung, die wir auch in Zukunft unbedingt beibehalten sollten. Bei der Überlegung, wie wir in Potsdam das Ehrenamt im Sport noch besser unterstützen, will ich auf die Verantwortlichen im Land Brandenburg aber auch auf Partner wie die Krankenkassen zugehen und dafür werben, gemeinsam Modelle für die Unterstützung des Ehrenamtes im Sport zu entwickeln.